An dieser Stelle setzt der Veganismus an: Neben dem Wohlergehen der Tiere und gesundheitlichen Aspekten, ist der Schutz der Umwelt eine häufige Motivation, weshalb Menschen vegan leben. Durch ihre Ernährung und ihre Lebensweise gelten sie als die besseren Umweltschützer. Doch stimmt das wirklich?
Umweltbelastung durch hohen Fleischkonsum
Galt Fleisch Anfang des 20. Jahrhunderts noch als Luxusgut, ist es heute – zum Teil – billige Massenware. Der Verbrauch des Lebensmittels hat sich dabei in Deutschland zwischen 1850 und heute auf das Vierfache erhöht1. Möglich gemacht hat dies vor allem die Industrialisierung und der damit steigende Wohlstand.
Wissenswert:
In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Verbrach von Fleisch und Fleischwaren bei durchschnittlich 60 Kilogramm pro Jahr: Der Großteil mit etwa zwei Dritteln entfällt auf Schweinefleisch, gefolgt von Geflügel (circa zwölf Kilogramm) sowie Rind- und Kalbfleisch (circa neun Kilogramm)2.
Bei vielen Deutschen landet heute fast täglich Fleisch auf dem Teller. Kein Wunder, wenn sich die Supermärkte gegenseitig bei den Preisen unterbieten: Da kann ein Kilogramm Hackfleisch schon einmal nur 1,99 Euro kosten oder ein Kilogramm Schweinefilet für 3,99 Euro angeboten werden. Das einstige Luxusgut Fleisch ist damit zur Massenware degradiert worden – Hauptsache billig. Subventionen machen es möglich.
Dies geht jedoch in erster Linie zu Lasten der Tiere: Massentierhaltung, der Einsatz von Antibiotika sowie Futterzusätze sind nur einige der Folgen. Der hohe Fleischverzehr hat jedoch noch weitere Auswirkungen:
- Hoher Flächenbedarf: Mittlerweile werden rund 70 Prozent der globalen Agrarflächen als Weideland in Anspruch genommen. Darunter fallen ebenfalls Flächen für die Herstellung von Futtermitteln wie Mais, Soja oder Weizen – für viele Menschen ärmerer Regionen Grundnahrungsmittel. Deren steigende Nachfrage sorgt wiederum für ein Ansteigen der Preise. Zudem befinden sich ein Großteil der Flächen in Ländern der Dritten Welt; dort ansässige Kleinbauern werden teils von ihrem Land vertrieben.
- Luft- und Wasserbelastung: Dünger, Unkraut- und Insektenvernichtungsmittel sowie der Einsatz von Antibiotika – in vielen Industrieländern werden das Meer beziehungsweise Grundwasser sowie die Luft verschmutzt.
- Klimawandel: Studien des WWFs nach, entfallen mittlerweile bis zu 70 Prozent der direkten Treibhausgas-Emissionen (Kohlenstoffdioxid, Methan und Stickoxid) auf tierische Produkte.
- Hoher Wasserverbrauch: So sind beispielsweise rund 15.500 Liter Wasser für die Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch nötig3; inbegriffen ist hier das benötigte Wasser sowohl für Futter als auch die Schlachtung der Tiere sowie die Reinigung. Dem gegenüber stehen Länder, in denen keine ausreichende Wasserversorgung gegeben ist.
- Zerstörung natürlicher Lebensräume: Durch Landnutzungsänderungen, beispielsweise die Rodung oder die Moornutzung, gehen natürliche Lebensräume zahlreicher Tierarten verloren.
Um diesen Umweltbelastungen entgegenzusteuern, muss ein Umdenken stattfinden. Nicht nur innerhalb der europäischen Agrarpolitik, den Subventionen und Tierschutzauflagen – jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten. Doch bedeutet das, dass jeder zum Vegetarier oder Veganer werden muss? Ist eine vegane Lebensweise die Lösung für Umwelt und Co.?
Vegane Ernährung zur Rettung der Umwelt?
Richtig ist, dass Veganer durch ihre Ernährung und Lebensweise dem Klima etwas Gutes tun: Zum einen fällt der sogenannte Flächenfußabdruck (Indikator für die Landnutzung) bei Obst und Gemüse sowie anderen pflanzlichen Lebensmitteln um einiges geringer aus, als der bei Fleisch, Milch und weiteren tierischen Produkten. Gegenüber tierischen wird pflanzlichen Produkten ein nur 30-prozentiger Anteil an den Treibhausgas-Emissionen zugesprochen4. Zum anderen sind es ebenfalls nur 30 Prozent, die der Anbau pflanzlicher Lebensmittel in Anspruch nimmt.
Beim Vergleich des Wasserverbrauchs gibt es ebenfalls bedenkliche Produkte: Für etwa ein Kilogramm Rindfleisch fallen rund 15.500 Liter Wasser an. Ein Schweineschnitzel (etwa 250 Gramm) verbraucht „nur“ etwa 1.200 Liter. Dem gegenüber stehen mit einem vergleichbaren Gewicht: Kartoffeln mit etwa 225 Litern. Oder beispielsweise ein Apfel mit 70 Litern und eine Banane mit 200 Litern.5
Allerdings sollten auch Veganer bei den gekauften Produkten auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit achten.
Hätten Sie's gewusst?
Kakaoerzeugnisse sind ganz schöne Wasserverschwender: Für die Herstellung eines Schokoriegels können schon einmal bis zu 2.000 Liter Wasser verbraucht werden. Und für ein Kilogramm Kakaobohnen benötigt man bereits rund 27.000 Litern. Der Grund für diese enormen Wassermengen liegt hauptsächlich im Standort: Ein Großteil der Kakaoplantagen finden sich nicht im natürlichen Regenwald, sondern auf gerodeten Feldern. Eine intensive Bewässerung ist daher nötig.5
Warum eine vegane Ernährung sich negativ auf die Umwelt auswirken kann
Der Verzicht auf tierische Lebensmittel ist bereits ein erster großer Schritt auf dem Weg zu mehr Umweltbewusstsein. Herkunft und Produktionsart spielen jedoch ebenfalls eine bedeutende Rolle.
- So können sich chemische Inhaltstoffe, wie sie häufig in Fertigprodukten vorkommen, nicht nur negativ auf den eigenen Körper auswirken, sondern in ihrer Herstellung die Umwelt nachhaltig schädigen.
- Wer beim Kauf von Kleidung auf vegane Materialien achtet, der kann der Umwelt mitunter schaden: Nämlich dann, wenn Synthetikstoffe petrochemisch hergestellt sind. Dies bedeutet den Rückgriff auf Erdöl und Erdgas als Rohstoff. Schäden für die Umwelt entstehen unter anderem durch die vielen Tonnen Erdöl, die bei der Gewinnung, dem Transport oder bei Tankerunfällen in den Weltmeeren landen.
- Der Anbau bestimmter Pflanzenarten kann die heimische Flora und Fauna stören: Beispielsweise lässt Gen-Soja keine anderen Kulturen neben sich bestehen; es entsteht eine Monokultur.
- Palmöl wird nicht nur in der Lebensmittelindustrie, zum Beispiel bei Schokolade, angewandt, sondern häufig auch in der Kosmetik eingesetzt; jedoch werden für die riesigen Plantagen oftmals Böden zerstört und gerodetes Brachland hinterlassen.
Zudem wirken sich lange Transportwege ebenso ungünstig auf die Umweltbilanz aus. Daher sollten Veganer beim Kauf ihrer Lebensmittel darauf achten, regionale und saisonale Ware einzukaufen. Einen weiteren Pluspunkt gibt es für Lebensmittel mit Bio-Siegel: Unter anderem müssen Bio-Bauern auf den Einsatz von Antibiotika verzichten, chemische Kunstdünger sind ebenso wie chemisch-synthetische Pestizide verboten und bei der Tierzucht wird eine möglichst artgerechte Haltung angestrebt.
Bei einer gesunden und nachhaltigen Ernährung ist der ökologische Fußabdruck geringer – auch Mischköstler können so ihren Fußabdruck verringern.
Fazit: Vegan und Umwelt gehen Hand in Hand
Welthunger, Tierhaltung, die eigene Gesundheit und die Umwelt – ein veganer Lebensstil hat so einige positive Auswirkungen, sofern auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit geachtet wird. Der Traum vieler Veganer ist wohl gerade deshalb eine vegane, zumindest aber vegetarische Welt.
Ein Szenario, dem sich PETA angenommen hat: Die Menge als Lebensmitteln beziehungsweise Futtermitteln, die derzeit in der Tierzucht verfüttert wird, würde ausreichen, um den "kalorischen Bedarf von 8,7 Milliarden Menschen"6 zu decken. Denn ein Großteil der Weltsojaernte und mehr als die Hälfte der Weltgetreideernte fällt als Futtermittel an. Die Schlussfolgerung: Mit einer weltweiten vegetarischen Lebensweise könnte man die gesamte Weltbevölkerung ernähren.
Allerdings ist dies wohl eher eine utopische Vorstellung, denn nicht jeder möchte auf seinen Braten am Sonntag oder seine Würstchen zum Grillen verzichten. Und mal ehrlich: es müssen nicht alle Vegetarier oder Veganer werden. Ein bewussterer Umgang mit Lebensmitteln wäre bereits ein großer Schritt. Umdenken statt weitermachen, sollte die Devise heißen.
Interessant
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine wöchentliche Fleischmenge von 300 bis 600 Gramm pro Person. Die Realität sieht allerdings anders aus: Bei Männern sind es etwa 1.000 Gramm und bei Frauen knappe 600 Gramm Fleisch und Wurstwaren, die wöchentlich auf den Tellern landen.
Für jeden Einzelnen würde dies bedeuten, sich bewusster mit seiner Nahrung auseinanderzusetzen und Verantwortung für sein Essverhalten zu übernehmen. Inbegriffen wäre demnach nicht nur eine Reduktion des Fleischkonsums zugunsten einer pflanzenbetonten Ernährung, sondern auch eine gesteigerte Qualität und ein saisonaler, regionaler Produkteinkauf.
Für Umwelt, Ressourcen und Lebensräume muss es also nicht zwangsläufig vegan sein – eine bewusste, gesunde Ernährung führt schrittweise zu einer positiven Klimabilanz.