Veganismus: Tierproduktfreie Lebens- und Ernährungsform
In der Regel wird die vegane Ernährungsweise als eine Unterform des Vegetarismus verstanden. Dabei verzichten Veganer nicht nur auf offensichtlich tierische Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte. Je nach Konsequenz versuchen sie auch in Lebensmitteln versteckte tierische Produkte, beispielsweise mit tierischen Stoffen geklärte Säfte und Weine, mit Gelatine (hauptsächlich tierisches Bindegewebe) hergestellte Gummibärchen oder mit tierischen Produkten gewachste Obstsorten, zu vermeiden. Darüber hinaus verzichten die meisten vegan lebenden Menschen auf den Konsum und Gebrauch von tierischen Waren wie Leder oder Wolle.
Nährstoffe und ihre Rolle in der veganen Ernährungsweise
Wie jede andere Ernährungsform definiert sich auch eine gesunde vegane Ernährung in einer idealen Nährstoffaufnahme. Vereinfacht ausgedrückt: Nährstoffe sind die Inhalte unserer Nahrungsmittel. Sie gewährleisten eine gesunde Entwicklung, normales Wachstum sowie die Aufrechterhaltung unserer Körperfunktionen. Nährstoffe sind für einen funktionierenden Stoffwechsel unverzichtbar.
Eine unzureichende Nährstoffzufuhr würde Hormone und Enzyme in ihrer Aktivität mindern: Müdigkeit und Erschöpfung können die entkräftende Folge sein. Eine kurzweilige Unterversorgung kann unser Körper bei späterer, ausreichender Zufuhr der benötigten Nährstoffe ausgleichen. Eine dauerhafte Unterversorgung aber kann zu schwerwiegenden Mangelerscheinungen führen.
Eine ausgewogene, sorgfältig geplante vegane Ernährung kann unseren Körper mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgen. Lediglich Vitamin B12, das nur in tierischen Produkten vorkommt, muss durch speziell angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel supplementiert werden. Durch ärztliche Bluttests sollte der Nährstoffhaushalt regelmäßig auf eine mögliche Unterversorgung überprüft werden.
Die vegane Ernährungspyramide
Die Basis: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie reichlich Obst und Gemüse
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von rund 1,5 Litern am Tag bildet wie in jeder anderen Ernährungsform das Fundament einer gesunden veganen Ernährung. Bestens eignen sich kalziumhaltiges Mineralwasser und ungesüßte Getränke. Zuckerhaltige Getränke sollten nur selten auf dem Speiseplan stehen, da sie sehr energiereich sind und unter Umständen die Entstehung von Übergewicht fördern können.
Wissenswert:
Die Zufuhr von Flüssigkeit richtet sich dabei, laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)1, nach dem Alter der Person. Beispielsweise empfiehlt die DGE Personen zwischen 25 und 51 Jahren eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von 1.410 ml über Getränke, über Lebensmittel beträgt diese 860 ml.
Die Basis einer veganen Ernährungspyramide bilden reichlich Gemüse und Obst, welche selbst viel Flüssigkeit enthalten und unseren Körper mit besonders vielen Vitaminen und Mineralstoffen versorgen.
Kohlenhydrate: Leistungsfähige Energielieferanten
Die DGE empfiehlt, mehr als 50 Prozent des täglichen Energiebedarfs in Form von Kohlenhydraten aufzunehmen. Vegan lebende Menschen decken durch Kohlenhydrate etwa 60 Prozent ihres Kaloriengehaltes. Ob Amaranth, Couscous, Quinoa, Reis, Vollkorn oder Mais: Getreideprodukte jeder Art, Kartoffeln, aber auch Obst und Gemüse gelten als energiereiche vegane Lebensmittel, da in ihnen reichlich Kohlenhydrate stecken. Diese dienen dem Körper als leistungsfähige Energielieferanten dienen.
Proteine: Die Quellen der essentiellen Aminosäuren
Die dritte Ebene bilden die Eiweiße, auch Proteine genannt. Im Vergleich zu Fleisch, Milch und Milchprodukten weisen pflanzliche Quellen durchschnittlich einen deutlich niedrigeren Proteingehalt auf. Viel Protein findet sich in veganen Fleischersatzprodukten wie Tofu und Tempeh, die aus Sojabohnen hergestellt werden, sowie Seitan aus Weizeneiweiß beziehungsweise Gluten.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. empfiehlt eine Zufuhr von mindestens 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag, um den Körper mit ausreichend essentiellen Aminosäuren zu versorgen. Aminosäuren sind die „Grundbausteine“ der Proteine, aus denen auch die körpereigenen Proteine bestehen. Vegane, eiweißreiche Lebensmittel sind Algen, Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse oder Samen.
Fette und Öle: Energiequellen und Transportmedien fettlöslicher Substanzen
Bei der veganen Ernährung sollten Fette und Öle, die zur Gruppe der Lipide zählen, sparsam eingesetzt werden. Ihnen gehören auch Fettsäuren und Cholesterin an. Fette und Öle dienen als Energiequelle und -speicher, isolieren und schützen die Organe und sind überdies Träger fettlöslicher Substanzen. Die lebensnotwendigen Vitamine A, D, E und K beispielsweise lösen sich nicht im Wasser, sie benötigen Fette als unverzichtbares Transportmittel. Vitamin C sowie alle B-Vitamine dagegen sind wasserlösliche Mikronährstoffe.
Laut der DGE sollten rund 30 Prozent der Energie über die Fettaufnahme gedeckt sein. Einen höheren Fettbedarf haben Menschen, die sich viel bewegen, sowie Schwangere, stillende Mütter und Kinder.
Übrigens:
Auch wenn Fleisch- und Milchprodukte den Körper mit reichlich Calcium versorgen, enthalten sie viele gesättigte Fettsäuren, die den Cholesterinspiegel erhöhen. Daher sollten diese nur in Maßen konsumiert werden.
Die meisten Fettsäuren kann der Körper selbst herstellen. Es existieren aber einige mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die über die Nahrung aufgenommen werden müssen. Diese bezeichnet man deshalb als essentielle Fettsäuren. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, deren Verhältnis laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. unter eins zu fünf liegen sollte. Bei Veganern liegt dies aber oftmals bei bis zu eins zu 20, da Omega-6-Fettsäuren in pflanzlicher Nahrung weit verbreitet sind. Veganer müssen daher auf eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren achten, die reichlich in Leinsamen, Hanfsamen oder Walnüssen und in den jeweils aus ihnen gewonnenen Ölen vorkommen.
Die Spitze: Genussmittel, die uns das Leben versüßen
Die Spitze der veganen Ernährungspyramide teilen sich Fertigprodukte, Salze und Gewürze sowie Süßigkeiten und Alkohol: Das „kleine Extra“ an Lebensmitteln, die der Körper für eine gesunde vegane Ernährungsweise nicht braucht – diese sollten deshalb nur sparsam und bewusst konsumiert werden.
Vegan ohne Verzicht: Pflanzliche Alternativprodukte und vegane Ersatzprodukte
Das vegane Angebot in Supermärkten und Discountern, Reformhäusern und Bioläden wird immer breiter:
- Fleischersatzprodukte wie Tofu, Seitan oder Tempeh,
- vegane Brotaufstriche und Pasteten,
- vegane Süßwaren,
- leckere Alternativen zur Kuhmilch,
- Hefeflocken als Streukäseersatz,
- Löwenzahn- oder Agavendicksaft als Honigalternative,
- oder ohne tierische Gelatine geklärte Säfte.
Neben veganen Alternativprodukten sind mittlerweile auch vegane Nahrungsergänzungsmittel und Supplemente, veganes Tierfutter sowie tierversuchs- und tierproduktfreie Bekleidung, Kosmetik und Reinigungsmittel erhältlich.