Mangelernährung, erhöhte Krankheitsanfälligkeit und eine schlechtere Kondition – mit diesen Vorurteilen hatten Veganer vor allem in der Vergangenheit zu kämpfen. Häufig wurden sie von Menschen, die sich auch von Fleisch ernähren, verspottet und belächelt. Ganz hat der Veganismus sein Schattendasein jedoch noch nicht beendet. Zumindest aber hat sich die Einstellung zu dieser Ernährungsform in der heutigen Gesellschaft zunehmend gewandelt. Jetzt steht nicht mehr die Frage im Vordergrund, ob Verbraucher, die komplett ohne tierische Produkte leben, krank werden, sondern ob Veganer vielleicht sogar gesünder leben.
Eine einfache Antwort mit „Ja“ oder „Nein“ gibt es auf diese Frage jedoch nicht. Denn, ob langfristig ein praktizierter Veganismus gesund oder ungesund ist, hängt von mehreren Faktoren ab.
Veganismus - eine bewusste Ernährungsform?
Richtig ist, dass zu Beginn des Veganismus, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, noch bei vielen vegan lebenden Menschen eine Mangelernährung, also eine Unterversorgung mit spezifischen Nährstoffen, nachgewiesen werden konnte.
Korrekt ist aber auch, dass seitdem unter Veganern ein weitaus größeres Verständnis über Ernährung und die in der Nahrung enthaltenen Nährstoffen vorherrscht. Veganer sind keine naiven, gutgläubigen Menschen wie sie von Kritikern manchmal bezeichnet werden. Sie beschäftigen sich meist sehr intensiv mit ihrer Ernährung, allein schon, um einem Mangel vorzubeugen. Viele Veganer haben daher fast schon ein Expertenwissen auf dem Gebiet der Ernährung.
Diese Tatsache macht den Veganismus zu einer sehr bewussten Ernährungsform. Ernährungswissenschaftler und Ärzte sind sich inzwischen einig, dass eine solche Ernährung maßgeblich zu einer verbesserten Gesundheit beiträgt.
Veganer erkranken seltener an Diabetes Typ 2 – leben Veganer gesünder?
Studienergebnisse haben gezeigt, dass Veganer deutlich seltener an Typ-2-Diabetes erkranken. Dies kann unterschiedliche Gründe1 haben:
- Geringerer BMI: Gegenüber Mischköstlern ist bei Veganern seltener Übergewicht oder Adipositas festzustellen.
- Niedrigere Glukose- und Insulinwerte: Der Grund liegt im Verzehr von Lebensmitteln mit niedrigem glykämischen Index wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte sowie Obst und Gemüse.
Zudem wird ein höherer Verzehr ballaststoffreicher Lebensmittel, zum Beispiel Vollkorngetreide, als vorbeugende Maßnahme für Diabetes gesehen; viel Obst und Gemüse verhindern und minimieren zudem das Risiko von Übergewicht.
Die gefürchtete Zuckerkrankheit Diabetes mellitus kommt in zwei verschiedenen Formen vor, den sogenannten Typen. Der Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei welcher der Körper aus bisher ungeklärten Gründen plötzlich die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift und diese zerstört. Unter dem Typ-2-Diabetes, dessen Veranlagung erblich ist, erkranken häufig Menschen, die übergewichtig sind und sich wenig bewegen. Diese Faktoren können maßgeblich zur Entstehung einer Zuckerkrankheit beitragen.
Die eigentliche Ursache ist jedoch eine Insulinresistenz. Das bedeutet, dass die Körperzellen die Fähigkeit verlieren, auf das Hormon Insulin anzusprechen - sie werden resistent. In der Folge kann Insulin den Zucker aus dem Blut nicht mehr in das Zellinnere schleusen, der Blutzucker steigt an. Die Bauchspeicheldrüse produziert daraufhin vermehrt Insulin, um die Insulinresistenz auszugleichen.
Tatsächlich konnten auch bei anderen Erkrankungen, wie zum Beispiel Gicht und Krebs, weniger Erkrankungen bei Veganern festgestellt werden. Dabei ist vor allem der Einfluss der Ernährung auf
die Gichterkrankung schon länger bekannt. Vor allem Purine, die vornehmlich in Fisch, Fleisch, Innereien und Wurst vorkommen, können Gichtanfälle verschlimmern. Denn, werden diese Substanzen im Körper abgebaut, entsteht Harnsäure, welche vorwiegend über die Nieren ausgeschieden wird. Bei Gichtkranken ist die Ausscheidung der Harnsäure jedoch gestört und die Säure verbleibt im Körper.
Aktuelle Studien konnten zudem einen Zusammenhang zwischen Nahrungsmitteln aus tierischen Produkten und bestimmten Krebsarten, wie zum Beispiel Darmkrebs nachweisen.
Veganer erkranken möglicherweise weniger häufig an Krebs
Was hat der Fleischkonsum beziehungsweise der Verzicht jedoch mit einem erhöhten oder niedrigeren Krebsrisiko zu tun? Zunächst einmal ist anzumerken, dass der Fleischkonsum in Deutschland und anderen westlichen Ländern ausgesprochen hoch ist. Zu hoch, folgt man der Meinung vieler Ernährungswissenschaftler. Vor allem der regelmäßige Verzehr von rotem Fleisch, zum Beispiel Rind und Schwein, steht in der Kritik, die Entstehung bestimmter Stickstoffverbindungen zu fördern, die ursächlich für Darmkrebs sein können.
Studien teilweise umstritten
Die Ergebnisse, die aus den Studien hervorgehen, scheinen eindeutig, sind aber tatsächlich noch immer umstritten. Zudem ist die Zahl von Vergleichsstudien noch relativ gering. Des Weiteren ist gerade die individuelle Ernährung so vielfältig, dass es schwerfällt, hier verlässliche Vergleiche zu ziehen. Da gibt es den Verbraucher, der Mischkost isst, aber nur einmal die Woche Fleisch auf dem Teller hat. Er ist nicht mit einem Veganer vergleichbar, der aufgrund unzureichender Kenntnisse über Ernährung an zahlreichen Mangelerscheinungen leidet. Ebenso wenig lässt sich ein gut informierter Veganer mit dem übergewichtigen Mann vergleichen, der fünfmal die Woche Fleisch auf seinen Grill legt.
In Studien wie diesen wird eine zu heterogene (stark unterschiedliche) Masse verglichen. Das macht es fraglich, ob ein einfacher 1:1-Vergleich mit den Studienergebnissen nicht Fehleinschätzungen begünstigt.
Zudem genießen Veganer zu Recht den Ruf, sich nicht nur bewusst zu ernähren, sondern auch in Hinblick auf Bewegung und Stressvermeidung ein Vorbild zu sein. Auch diese Aspekte haben einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit.
Hinzu kommt, dass vor allem in Massentierhaltung hergestelltes Fleisch häufig mit gefährlichen Schadstoffen versetzt ist, die das individuelle Krebsrisiko eines Menschen zusätzlich erhöhen können. Weniger Erkrankungen an Gicht, Diabetes und sogar Krebs – da scheint es auf der Hand zu liegen, dass Veganer gesünder leben. Den offensichtlichen und nachgewiesenen Vorteilen dieser Ernährungsform stehen jedoch auch Nachteile gegenüber.
Ist Veganismus ungesund? Essen aus dem Chemielabor
Weniger Erkrankungen an Gicht, Diabetes und sogar Krebs – da scheint es auf der Hand zu liegen, dass Veganer gesünder leben. Doch den genannten Vorteilen dieser Ernährungsform stehen ebenso Nachteile gegenüber.
Besonders dann, wenn häufig vegane Fertigprodukte auf dem Speiseplan landen, kann nicht mehr von einer gesunden Ernährungsform gesprochen werden. Weshalb? Ein Blick auf die Zutatenliste der Produkte gibt Aufschluss. Denn es sind so einige Zusatzstoffe nötig, um veganen Würstchen, Garnelenersatz und Co. ein entsprechendes Aussehen, einen leckeren Geschmack und eine haltbare Textur zu verleihen. Die Liste der aufgeführten Inhaltsstoffe klingt dann häufig so, als käme sie direkt aus dem Chemielabor:
- Verdicker (z.B. Xanthan)
- Stabilisatoren (z.B. Gellan E 418)
- Farbstoffe (z.B. E 110 Gelborange S)
- Konservierungsstoffe (z.B. Benzoate)
- künstliche Süßungsmittel (z.B. Aspartam)
- Geschmacksverstärker (z.B. Natriumnitrit)
Häufig verstecken sich diese Zusatzstoffe hinter E-Nummern. Die sind zwar geprüft sowie erlaubt und daher nicht automatisch gesundheitsschädigend – doch die Menge macht den Unterschied. Die Frage, ob das sein muss, sollte jeder für sich beantworten. Mit Natürlichkeit haben diese Zutaten allerdings nicht mehr viel zu tun.
Woher kommt das Soja?
Beim Kauf von veganen Fertigprodukten sowie von Tofu und Co. sollten Veganer darauf achten, woher das Soja eigentlich kommt. Denn gentechnisch veränderte Sojafelder lassen neben sich keine anderen Lebensformen zu, vernichten also die heimische Flora und Fauna – für die Umwelt extrem schädigend. Um sicher zu gehen, sollte man beim Kauf auf Bio-Produkte setzen.
Abgesehen von den vielen Zusatzstoffen sind in den meisten veganen Fertigprodukten eine Menge Salz, Zucker und Fett enthalten. Damit stehen sie den Fertigprodukten von Mischköstlern allerdings kaum nach – auch hier sind Salz und Co. in großzügigen Mengen unter anderem als Geschmacksträger enthalten.
Oftmals stecken in Fertigprodukten auch gesättigte Fettsäuren; gegenüber den ungesättigten Fettsäuren liefern diese für den Körper keine lebenswichtigen Nährstoffe. Ganz im Gegenteil: Sie lassen den Cholesteringehalt sogar ansteigen.
Veganismus ist also vor allem dann ungesund, wenn man die Ernährungsform auf Grundlage vieler Fertigprodukte betreibt. Wer sich vegan, gesund und ausgewogen ernähren möchte, sollte sich eingehend mit Lebensmitteln und den notwendigen Nährstoffen auseinandersetzen.
Nährstoffmangel bei Veganern
Verschiedene Nährstoffe gelten bei einer veganen Ernährung als wichtig und können, wenn eine Unterversorgung besteht, schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Ein Vitamin-B12-Mangel ist wohl der häufigste, der in Zusammenhang mit Veganern genannt wird, gefolgt von einem Mangel an Kalzium, Magnesium und Eisen. Vitamine und Mineralstoffe sind an vielen Körperfunktionen beteiligt. Allerdings ist anzumerken, dass viele Veganer sich, wie oben erwähnt, sehr genau mit ihrer Ernährung auseinandersetzen und einem Mangel mit diesen Vitaminen und Mineralien daher aktiv vorbeugen. Ein Vitamin-B12-Mangel kann zum Beispiel durch entsprechende Nahrungsergänzungsmittel vermieden werden. Kalzium, Magnesium und Eisen können über entsprechend reichhaltige Pflanzenquellen dem Körper zugeführt werden.
Gerade aufgrund des gesteigerten Risikos an einem Mangel zu erkranken, entschließen sich viele vegan lebende Menschen zu einer regelmäßigen, etwa zweijährlichen Blutuntersuchung bei ihrem Hausarzt. Ein Mangel kann hier schnell erkannt werden. Der Vorteil: Auch andere auffällige Werte, die sich im Blut messen lassen, können so aufgedeckt werden. Diese Kontrolle trägt dazu bei, dass Veganer rechtzeitig Mangelerscheinungen vorbeugen können.
Fazit
Veganer können gesünder sein als Menschen, die von Mischkost leben. Der Veganismus alleine kann jedoch keine Wunder vollbringen. Die Vermeidung einer Mangelernährung und ausreichend Sport spielen ebenfalls eine Rolle. Die meisten Veganer leben unter anderem auch deshalb gesünder, weil sie oft besser auf sich und ihre Ernährung achten.