Das Christentum… macht sich die Erde untertan?


Zwar heißt es im Alten Testament, du sollst nicht töten, doch sind damit auch Tiere gemeint? Eine Frage, die katholische wie evangelische Theologen beschäftigt und in teils hitzigen Diskussionen mündet. Die einen argumentieren, dass bereits in der Schöpfungsgeschichte eine vegetarische Weise vorgelebt wurde – Adam und Eva waren demnach die ersten Vegetarier. Im Garten Eden aßen sie keine Tiere, sondern ernährten sich nur von den Pflanzen und Früchten des Gartens.

Auf der anderen Seite steht jedoch die Annahme, dass das Tier dem Menschen untergeordnet ist. In der Bibel werden diese sowohl als Nahrung als auch Last- und Nutztier, beispielsweise zur Herstellung von Kleidung, benutzt. Dabei ist in der Schöpfungsgeschichte gar nicht explizit die Rede davon, dass Tiere als Nahrungsquelle dienen sollen – es wird aber auch nicht explizit verboten.

Ein großes Problem ist jedoch, dass die Bibel vielfach übersetzt wurde und einen großen Raum für Interpretationen lässt. Die Entscheidung, ob man vegetarisch leben möchte, ist demnach eine persönliche Wahl. Christen müssen für sich entscheiden, ob Nächstenliebe und Tötungsverbot auch für Tiere gelten.

Judentum und Islam: nicht vegan, dafür koscher


Hühner- oder Schweinefleisch, für Christen macht dies keinen Unterschied – für Muslime oder Juden schon. Im Islam zählt Schweinefleisch und Produkte von diesem wie Gelatine oder Tierblut zu den unerlaubten Lebensmitteln. Und im Judentum? Alles, was zweigespaltene Hufe hat und ein Wiederkäuer ist, darf auf dem Teller landen und wird als koscher angesehen. Zu diesen zählen unter anderem:

  • Rinder
  • Schafe
  • Ziegen
  • Damwild

Ebenfalls gilt Geflügel als koscher, sofern es sich um domestizierte Tiere wie Hühner oder Gänse handelt. Die koscheren Gesetze schließen außerdem die Produkte der Tiere mit ein, also Milch oder Eier.

Eine Besonderheit im Islam und Judentum ist das Schächten. Darunter versteht sich eine besondere Form des Tötens von Tieren . Mittels eines Halsschnittes durch Luft- und Speiseröhre wird das Tier ausgeblutet – ohne vorherige Betäubung. Im Islam erfolgt das Schächten des Tieres gen Osten und es wird dabei ein Gebet gesprochen. Zwar ist diese Methode im Koran selbst nicht zwingend vorgeschrieben, allerdings gibt es Texte von Mohammed, aus denen manche das Schächten als Gebot herleiten. Ganz anders im Judentum: Im Talmud finden sich Vorschriften zum Schächten, das als die einzige Methode angesehen wird, damit das Tier koscher bleibt.

In Deutschland ist das Schächten ohne Betäubung verboten. Ein Tier darf nach § 4 a
Abs. 1 Tierschutzgesetzes nur unter vorheriger Betäubung geschlachtet werden. Allerdings ist in Absatz 2 festgehalten, dass Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können, beispielsweise für bestimmte Religionsgemeinschaften.

Die Zubereitung von Fleisch und von welcher Tierart es sein soll, sind also durchaus in den beiden Glaubensrichtungen geregelt. Allerdings spielt vegan in diesen Religionen keine Rolle.

Hinduismus und Buddhismus: Fleischverzicht in Indien


Mit mehr als 800 Millionen Anhängern ist der Hinduismus die drittgrößte Religion. Vor allem in Indien leben viele Menschen nach diesem Glauben – und dort findet sich auch heute der größte Anteil an Vegetariern (38 Prozent1). Dafür gibt es zwei Hauptgründe:

  • Viele können sich das Luxusgut Fleisch nicht leisten.
  • Die meisten Inder leben aufgrund ihrer Religion vegetarisch, manche auch vegan.

Wissenswert

In Indien lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch im Jahr 2009 bei etwa 4,4 Kilogramm. Dem gegenüber lag der Verbrauch in Deutschland im selben Zeitraum fast 20-mal höher: bei etwa 88 Kilogramm.2

Im Unterschied zum Christentum beruht der hinduistische Glaube darauf, dass die Seele eines Menschen immer wiedergeboren wird (Reinkarnation). Besonders wichtig ist dabei das Konzept des Karmas: Dieses besagt, dass sich alle Taten im jetzigen Leben auf das zukünftige auswirken. Um im nächsten Leben dem Göttlichen ein Stück näher zu kommen, streben die meisten Glaubensanhänger ein gewaltfreies Leben an – auch gegenüber Tieren.

Ähnliche Gründe finden sich beim Buddhismus. Hier stehen das Mitgefühl gegenüber dem Leben sowie die Vermeidung von Leid und Tod im Zentrum. Viele Anhänger der Religion sprechen sich für eine vegetarische Lebensweise aus, häufig aufgrund einer Aussage, die Buddha zugeschrieben wird: „Meine Liebe gehört den Kreaturen, die keine Füße haben; auch denen mit zwei Füßen und ebenso denen, die viele Füße haben. Mögen alles Geschaffene und Lebendige, mögen alle Wesen, welcher Art auch immer sie seien, nichts erfahren, wodurch ihnen Unheil droht. Möge ihnen niemals Böses widerfahren.

Dennoch leben nicht alle Anhänger der Religion vegetarisch oder gar vegan. Manche Mönche (Bhikkhu) begründen dies damit, dass sie während der Übung des Bettelns (Jivaka) alle Speisen annehmen müssen, die ihnen gereicht werden. Das Essen von Fleisch sei daher erlaubt; insofern das Tier nicht speziell für sie getötet worden sei. Allerdings verneint dies Buddha im Jivaka-Sutra mit der Begründung: „Selbst wenn er nicht mit eigenen Augen sieht, dass das Tier für ihn getötet wird, sondern man es ihm nur erzählt, muss er sie zurückweisen. Ja, wenn der Bhikkhu auch nur argwöhnt, dass das Tier für ihn getötet worden ist, muss er ablehnen.“ Demnach sollte , wer mit den Werten des Buddhismus im Einklang leben will, eine vegetarische Speise immer bevorzugen.

Dalai Lama:

Ich sehe keinen Grund, warum man Tiere schlachten und ihr Fleisch essen soll, da man doch so viel anderes essen kann. Der Mensch braucht kein Fleisch.

Jainismus, die vegan-freundlichste Religion


Relativ unbekannt dürfte der Jainismus sein, die dritte indische Hochreligion neben dem Hinduismus und Buddhismus. Den beiden anderen Glaubensrichtungen recht ähnlich, gilt im Jainismus Gewaltlosigkeit (Ahimsa) als das höchste Gebot. Für die Jain-Mönche gilt dies jedoch nicht nur gegenüber Menschen, sondern ihrer Auffassung nach wohnt auch Tieren sowie Pflanzen eine Seele inne.

Um keine Lebewesen töten oder verletzen zu müssen, ernähren sich die Anhänger der jainistischen Religion (Jain) vorwiegend vegetarisch oder vegan. In der Regel verzichten sie auf Fleisch, meiden aber auch Eier und Honig. Bei Milchprodukten sind die Glaubensanhänger jedoch gespalten; die einen sehen dies als vertretbar an, während die anderen auch darauf verzichten. Da aber nicht nur das Wohl von Mensch und Tier im Zentrum der Religion stehen, meiden die Anhänger des Jainismus bestimmte Pflanzen wie Wurzelgemüse. Begründet wird dies meist so: Kartoffeln, Zwiebeln und anderes Knollengemüse sollen einerseits ein schlechtes Karma besitzen, andererseits könnten beim Ernten Tiere verletzt werden.

Palitana – eine Stadt wird vegetarisch

Im Jahr 2014 wurde die Stadt Palitana (Indien) zur vegetarischen Stadt erklärt. Die Stadt gilt den Jains als eine Art Mekka. Um beim Beten nicht von Fleisch- oder Bratengeruch gestört zu werden, traten die Mönche in den Hungerstreik. Mit Erfolg: der Fleischhandel ist seitdem illegal.

Darüber hinaus gelten gewisse Berufe bei den Jain als Tabu, beispielsweise der des Metzgers oder Landarbeiters, da beim Pflügen ebenfalls Tiere verletzt werden könnten. Die Achtung vor dem Leben geht sogar so weit, dass sich Jain-Mönche Tücher vor den Mund binden, um keine Insekten einzuatmen, oder den Weg vor sich mit einem Besen fegen, damit sie nicht auf kleine Tiere treten.

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Tanja Albert Von der Schülerzeitung übers Journalismus-Studium in die Online-Redaktion von kanyo® - Tanja Albert hat das Schreibfieber gepackt. Gemischt mit ihrem Interesse für Ernährungs- und Gesundheitsthemen stürzt sie sich Tag für Tag in die medizinische Recherche - und bringt das Ganze auch in die Sozialen Netzwerke, nämlich als Social Media Managerin. Tanja Albert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren